Fast 2500 Besucher, und das, obwohl die Dauerkarten bei internationalen Spielen nicht gelten - eine großartige Kulisse bildete den Rahmen im ersten Heimspiel der SVG Lüneburg in der Champions League 2024/25 gegen Chaumont.
Foto: Kogut/Wegiel
Bei der Premiere ein Jahr zuvor waren es 1856. Und von den nun exakt 2476 Zuschauenden hat sicher keiner sein Kommen bereut. Drei Wochen später gastiert nun eine der weltbesten Volleyballmannschaften in der LKH Arena: Jastrzebski Wegiel - da sollten eigentlich nur wenige Plätze frei bleiben wie gerade am Wochenende gegen Herrsching (3000), auch wenn gegen dieses Ausnahmeteam aus Polen wohl kaum etwas zu holen sein wird.
Im Sport gibt es einige Floskeln, die immer wieder gern verwendet werden. Eine davon lautet, wenn es um die Erfolgsaussichten einer Mannschaft geht: "Sie haben keine Chance - aber die wollen sie nutzen." Dieser Spruch lässt sich zweifellos auch vor diesem Match anwenden, ohne dass man sich der Schwarzmalerei verdächtig macht. Zu eindeutig sind die Kräfteverhältnisse vor diesem neuerlichen Vergleich, den es schon vor einem Jahr gab. Auch bei der SVG-Premiere in der Königsklasse gastierte die Mannschaft aus der süd-polnischen Großstadt Jastrz?bie-Zdrój an der Ilmenau.
Anton Brehme freut sich
auf das Wiedersehen
Beim 1:3 am 13. Dezember 2023 gewannen die LüneHünen immerhin den ersten Satz (25:23) und hielten den zweiten offen (21:25), dann jedoch kannte der Favorit keine Gnade (15:25, 13:25). Vor allem einer, der auch heute noch im umgebauten Kader ist, hinterließ damals einen nachhaltigen Eindruck: Mittelblocker Norbert Huber. Der polnische Nationalspieler trug sich mit satten 19 Punkten in die Scorerliste ein, nur ein Zähler war ein Kill-Block, 18 waren Angriffe (Quote: 88%). Der 2,07-m-Koloss hat nun einen neuen, aber hier wohlbekannten Giganten neben sich: Anton Brehme, als Supertalent und damals schon Jung-Nationalspieler ein LüneHüne: 2019/20, noch in der Gellersenhalle.
Später trat das nach Berlin zurückgekehrte Top-Talent noch zweimal (Haupt- und Zwischenrunde 2022/23) mit dem Meister in der LKH Arena an, bevor er ins italienische Modena wechselte - jedoch überraschend für nur ein Jahr. "Eigentlich hatte ich einen 2-plus1-Vertrag, also zwei Jahre mit Option", klärt der gebürtige Leipziger im Telefonat auf. "Dann kam aber das Angebot von Wegiel und ich habe gefragt, ob ich aus dem Vertrag raus könnte. Erst gab es die Erlaubnis nicht, später dann doch, aber nur für dieses eine Jahr. Kann also sein, dass ich nach dieser Saison zurück muss." Die Zeit in Modena war aber nicht immer einfach mit nur dem enttäuschendem Platz 8 in der Hauptrunde trotz Trainerwechsel, Aus im Playoff-Viertelfinale und dem ein oder anderen Satz für ihn auf der Bank.
Bei den Polen ist Brehme nun dagegen vom 1. Spieltag an gesetzt und punktet oft zweistellig. "Ich habe mich hier sehr gut eingelebt - nur die Sprache war schwer - und fühle mich sehr wohl. Deshalb würde ich gerne bleiben, aber das liegt nicht in meiner Hand. Jetzt freue ich mich erstmal auf Lüneburg," schaut der inzwischen 25-Jährige nur in die nähere Zukunft. Den Weg der SVG hat er seit seinem Wechsel ins Ausland nur lose weiterverfolgt: "Streams zu gucken hatte ich gar keine Zeit. Ich folge aber auf Instagram und weiß: Ihr seid gut drauf." Das Telefonat fand allerdings vor dem Herrsching-Spiel der LüneHünen statt...
Gut drauf ist seit Monaten jedoch Brehme selbst, ist spätestens seit den Olympischen Spielen im Sommer zu einem Weltklasse-Mann gereift. "Danke für die Blumen", entgegnet er lachend, "ich gebe mein Bestes. Über Olympia kann ich aber immer noch nur schwer reden nach dem bitteren Aus." Das kam im Viertelfinale gegen den späteren Gold-Gewinner Frankreich, 2:3 nach 2:0-Führung. "Da war etwas ganz Großes möglich. Wir haben eine klasse Mannschaft und einen super Bundestrainer." Und seine Krankheit sei auch weitgehend überstanden. In Paris litt er unter einem entzündeten, behindernden Gesichtsnerv. Dennoch war er am Ende 5. im Ranking aller Mittelblocker.
Erlesenes Aufgebot beim
zweimaligen Finalisten
"Toni" Brehme hat sich dann beim polnischen Meister und Champions-League-Finalisten der vergangenen Saison und der davor sofort etabliert, lieferte im Kreis der Superstars vom ersten Tag an - immer wieder eingesetzt vom französischen Doppel-Olympiasieger, Zuspieler Benjamin Toniutti. Schlagzeilen in Paris schrieben auch Tomasz Fornal, Norbert Huber, Neuzugang Lukasz Kaczmarek und Jakub Popiwczak als Olympiazweite mit Polen. Zudem stand Timothee Carle bei Frankreich als Reservespieler im Kader. Wie der Ex-Berliner ist auch Luciano Vicentin (mit Argentinien in Paris) aus seiner Bundesligazeit in Friedrichshafen gut bekannt. Und das sind "nur" die bekanntesten, am öftesten Eingesetzten in einem erlesenen Aufgebot.
Wegiel führt die PlusLiga mit drei Punkten Vorsprung auf den schärfsten Verfolger Zawierce, zu dem es am kommenden Wochenende geht, an, leistete sich erst zwei Ausrutscher in 14 Matches. Nicht nur deshalb weiß SVG-Chefcoach Stefan Hübner natürlich um die Schwere der Aufgabe, die er gleich nach dem ernüchternden Spiel gegen Herrsching so umriss: "Das war nicht gut. Man verliert auch mal Spiele, das gehört dazu. Für uns ist nicht alles selbstverständlich. Wir werden weiter wach bleiben, weiter arbeiten und uns auf gar nichts ausruhen. Jetzt kommt ein toller Gegner, ein tolles Spiel, in dem wir absolut frei aufspielen können. Es muss trotzdem mehr sein als heute, damit es ein gutes Spiel wird."
Da es zuletzt Irritationen bezüglich der Video Challenge gab, hier zur Klarstellung: In der Gruppenphase gibt es diese im Vergleich zur Bundesliga verbesserte Version zwar, aber ohne speziellen Video-Challenge-Referee - der 2. Schiedsrichter begutachtet die reklamierten Szenen. Und zur Unterstützung des Schiedsrichter-Duos gibt es Linienrichter. Sie werden erst nach der Gruppenphase eingespart, dann ist auch einen Challenge-Referee vor Ort.