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Datenanalyse im Volleyball: neue Chancen und Herausforderungen im Sport

Vorbei sind die Zeiten, als der Coach mit einem Notizbuch am Platzrand saß, die Leistung seiner Spieler beobachtete und akribisch niederschrieb, um die Notizen später zu vergleichen und Leistungssteigerung oder -verlust wie auch strategische Schwächen und Stärken festzustellen, damit er dann die Erkenntnisse beim Training und der gezielten Spielerförderung einsetzen konnte.

Datenanalyse im Volleyball: neue Chancen und Herausforderungen im Sport - Foto: Pexels.com

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Auch hinsichtlich der Regeneration nach einem Match wurde in der Vergangenheit eher geschätzt, oder man verfolgte einfach allgemeine Strategien für alle Spieler einer Mannschaft.
Dank moderner Technologie sieht dies inzwischen ganz anders aus. Wie in den meisten Sportarten stehen auch im Volleyball intelligente Analyse-Tools zur Verfügung, die sowohl live auf dem Platz wie auch im Nachfeld wertvolle Daten liefern. Diese können zur Talentverbesserung, Ausbildung einer besseren Strategie, dem Aufstellen der Mannschaft und Ermitteln der besten Spieler genutzt werden, wie auch im Nachfeld zur Ermittlung individueller Regenerationsansätze. Neben den Chancen, die moderne Tracking-Tools bieten, ergeben sich jedoch auch Herausforderungen, denn derartige Datenanalyse ist mit Kosten verbunden: wie sieht es mit der Fairness im Sport aus, wenn nicht jedes Team, gerade im Amateurbereich, die finanziellen Mittel zur Beschaffung hat?

Die Vorteile intelligenter Datenanalyse sind vielfältig: Zum einen war die Bewertung eines Spiels oder der Mannschaft durch den Trainer in der Vergangenheit eher subjektiv. Er musst nach einer Niederlage einschätzen, ob es an einer falschen Strategie lag, ob er im Training wichtige Punkte vernachlässigt hatte oder das Team schlecht aufgestellt war. Oder lag es einfach an der Tagesform der Spieler? Auch mit dem besten Fachwissen war die Antwort auf diese Fragen oft intuitiv und basierte auf einer guten Portion "Bauchgefühl", wie erfolgreiche Trainer selbst zugeben.
Moderne Tracker und Analyse-Tools machen die Bewertung weitaus objektiver, umfassender und transparenter. Das wiederum fördert auch die Zusammenarbeit im Team, denn die Daten, die in diesem Fall nicht von persönlicher Bewertung abhängen, schaffen mehr Klarheit, verbessern Entscheidungen und stärken das Vertrauen zwischen Trainer und Team. Zudem ermitteln sie Erkenntnisse, die beim reinen Beobachten des Spiels nicht so einfach zu erkennen sind, wie beispielsweise die Aufschlagkraft eines Spielers, die Höhe, Weite und Häufigkeit eines Sprungs, wie auch die Belastung eines Spielers während eines Spiels.

Eingesetzt werden Analyse-Tools wie Kinexon oder Open-Source Phyton-Tools wie GitHub. Kinexon beispielsweise stattet die Spieler mit Trackern aus, bei Live-Spielen sind sie mit einem Receiver verbunden, der Daten in Echtzeit übermittelt. Nach dem Spiel braucht es keinen solchen Receiver, der Tracker des Spielers kann dann direkt mit einem Laptop oder Tablet verbunden werden, um Daten zur Belastung und Erholung zu erheben. Etwas simpler jedoch ähnlich aussagekräftig ist das Analyse-Tool GitHub von Computerwissenschaftler und Volleyball Dr. Nicolai Erb, der sich auf Data Science und Innovation im Beachvolleyball spezialisiert hate. Erhobene Daten werden in Spreadsheets eingelesen, daraus werden Notationen erstellt und die Daten verglichen. Eingesetzt wird das Tool derzeit bereits unter anderem beim DSW12 Darmstadt.

Die Möglichkeiten der Datenanalyse sind dabei allerdings nahezu unendlich: gemessen werden kann bei Kinexon beispielsweise der Stress und die Belastung eines individuellen Spielers sowohl im Training wie auch bei Matches. Dadurch kann das Training individueller angepasst werden, das Verletzungsrisiko verringert und die Tagesform eines Spielers sowie die Performance während des Spiels verbessert werden. Durch das Messen seiner Sprünge lässt sich die Technik eines Spielers optimieren oder besser Entscheiden, zu welchem Zeitpunkt welcher Spieler in einer Begegnung eingesetzt werden sollte. Die Daten tragen auch zur Motivation der einzelnen Player bei, die auf diese Weise anhand objektiver Daten nachweisen können, wie sich ihre Leistung über einen bestimmten Zeitraum verbessert hat. Wer zudem weniger Verletzungen erleidet, kann seine Volleyballkarriere entsprechend verlängern und Überbelastung vermeiden. Gleichzeitig erkennen Trainer die besten Talente im Team und können diese entsprechend fördern. Spannend ist die Datenanalyse auch für die Fans, die durch die Bekanntgabe von Spiel- und Spieleranalysen bessere Einblicke in den Sport und in ihre Mannschaft gewinnen. Nicht nur im Casino wird heute um Geld gezockt - Sportwetten werde immer beliebter, auch im Volleyball. Schlaue Daten über die Leistung von Mannschaften und die Performance in vergangenen Begegnungen können den Ausgang eines Spiels besser voraussagen.

Wer derartige Tools verwenden möchte, sollte sich allerdings zunächst darüber klar werden, welche Daten zu welchem Zweck erhoben werden sollen. Blind Daten zu sammeln, um später zu entscheiden, wozu sie nützlich sein könnten, schafft unnötige Datenmengen und oftmals Verwirrung. Fragen, die sich Trainer und Coaches beispielsweise stellen sollten, sind: welche Aufschlagposition führt zur höchsten Passeffizienz? Welcher Spieler ist auf welcher Position am stärksten? Welche Angriffe des Gegners waren am erfolgreichsten? Wer sich vorab gezielte Fragen stellt, kann diese Tools effizienter nutzen.

Wenngleich der technologische Einfluss auf den Sport nicht aufzuhalten ist und Analysen immer ausgereifter und intelligenter werden, werden gleichzeitig kritische Stimmen laut: ist eine Begegnung noch fair, wenn eine Mannschaft bessere Möglichkeiten und mehr finanzielle Mittel zum Einsatz dieser Tools besitzt? Und wird auch Volleyball weniger spannend, wenn schon vorab mit höherer Akkuratheit eingeschätzt werden kann, wer gewinnt? Wenngleich diese Fragen legitim sind, ist der Wert für Trainer und zur Förderung der Spieler jedoch weitaus höher als Nachteile, die sich aus moderner Datenanalyse ergeben könnten.

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