Während die SVG Lüneburg schon seit fünf Wochen - und das höchst erfolgreich - im Punktspielbetrieb steckt, haben für ihren zweiten Gegner in der Champions League die Liga-Spiele gerade erst begonnen.
Levski Sofia, der bulgarische Meister, sicherte sich aber in der Vorwoche schon die erste Trophäe, verteidigte den Supercup, ausgespielt zwischen den vier Ersten der vergangenen Saison: Im Halbfinale mit einem 3:0 im Stadtduell gegen ZSKA und tags darauf nach einem dramatischen 25:21, 25:16, 23:25, 31:33, 16:14 und sechs Matchbällen gegen Deya Volley Burgas, den amtierenden Pokalsieger des Landes.
Levski Sofia machte sich nach der Gründung 1914 zunächst vor allem im Fußball einen Namen. Die Volleyballabteilung, 1943 ins Leben gerufen, kann sich inzwischen mit dem Attribut Rekord-Meister und -Pokalsieger Bulgariens (je 16 Titel) schmücken. Die Volleyballerinnen sind mit 28 bzw. 27 Titeln sogar noch erfolgreicher. Und der Verein, in früheren Jahren mehrmals umbenannt ("Spartak", "Levski-Spartak", "Levski-Sikonko"), ist seit Jahrzehnten bekannt für seine gute Jugendarbeit, holte z.B. 1959 in sämtlichen Altersklassen inklusive Männer und Frauen den Landestitel - das ging als "Meilenstein"-Jahr in die Geschichte ein.
Mit erstem Titel seit
2009 aus dem Tief
Auch Spieler-/innen für die Nationalmannschaft wurden bei Levski immer wieder ausgebildet. Bei den Männern waren sie an den größten Erfolgen, der Olympia-Silbermedaille 1980 und der Vize-Weltmeisterschaft 1970, beteiligt. In jener Zeit und noch länger war Bulgarien eine Volleyball-Größe, wurde Olympia-Vierter 1972 und 2012 sowie Fünfter 1964 und 2008 und landete auch bei der Weltmeisterschaften oft im Vorderfeld. Doch der frühere Ruhm ist verblasst. In der Weltrangliste ist das Land auf Platz 19 abgerutscht, war z.B. bei den letzten drei Olympischen Spielen gar nicht vertreten. Die letzte WM 2022 brachte Platz 20 (von 24). Die Nations League dieses Sommers endete mit Rang 14 (von 16).
Im Gegensatz zum Nationalteam geht es bei Levski Sofia wieder aufwärts, die gewonnene Meisterschaft in diesem Jahr war die erste seit 2009. Der bulgarische Pokal wanderte zuletzt 2012 in die Vitrine. Zeitweise verschwand der Verein in der Bedeutungslosigkeit, international ohnehin. Die Wende kam, als 2016 ein neues Präsidium das Ruder übernahm, konsequent auf Jugendförderung in einem Internat mit renommierten Trainern setzte und den Bau eines modernen Sportzentrums inklusive neuer Halle anschob: die "Levski Sofia Sports Hall" im Garitage Park mit 1724 Sitzplätzen.
Die Erfolge in der Nachwuchsarbeit stellten sich schnell ein, sie ist längst wieder herausragend im Land und nicht nur Basis von Levski, sondern auch der Junioren-Nationalmannschaften. Youngster des Vereins sind z.B. Stützen in der U20, die in diesem Jahr Vize-Europameister wurde. Eins der größten Talente hat Sofia aber gerade verloren: Zuspieler Simeon Nikolov, der im November erst 18 Jahre jung wird und schon Stammspieler der A-Nationalmannschaft ist, ging - wie auch zwei weitere Youngster des Meisterteams - zum Studium in die USA, Nikolov an die renommierte Long Beach State University.
Aber der Quell an Talenten sprudelt weiter. Im aktuellen Kader stehen nicht nur 18-, 19-, 20-Jährige, die neben einigen Routiniers schon in der Meistersaison Leistungsträger waren. Inzwischen drängen sogar 17- und 16-Jährige nach. Ein herausragender Spieler der jungen Generation ist der 20-jährige Venislav Antov - im anfangs erwähnten Supercup-Finale sammelte er 29 Punkte. Der Diagonalangreifer gab in diesem Sommer sein Debüt in der A-Nationalmannschaft in der Nations League (VNL).
Quell an Talenten
sprudelt kräftig weiter
Die Riege der Routiniers führt Kapitän Sveteslav Gotzev an, seit 2021 in Sofia. Der 34-jährige Mittelblocker ist ein Wandervogel, der zuvor fast immer jährlich den Verein wechselte, dabei auch in Russland, Italien, Frankreich den Iran und 2013/14 beim VfB Friedrichshafen spielte. In Bulgarien wurde der 2,05-m-Mann in den letzten drei Jahren als Bester auf seiner Position ausgezeichnet, im Nationalteam machte er als bester Blocker der VNL 2018 und 2022 auf sich aufmerksam. Dieses Jahr stand er im Zeichen der Verjüngung nur noch im erweiterten bulgarischen Kader.
Während im Nationalteam die Verjüngung moderat angeschoben wurde, ist sie bei Levski Sofia geradezu Vereins-Philosophie, werden Talente auch mal an Konkurrenten verliehen, wenn sie im eigenen Club zu große Konkurrenz haben und den Sprung noch nicht gleich schaffen. Chefcoach Nikolay Zhelyazkov, Trainer des Jahres in Bulgarien, setzt auch international - bis auf ganz wenige Ausnahmen - auf selbst ausgebildete Spieler. Das machte er jüngst in einem Interview klar: "Die Champions League ist ein großes Turnier. Egal welches Budget wir haben, wir können nicht gegen italienische, polnische, französische und türkische Mannschaften mithalten. Und lohnt es sich, ein paar Millionen auszugeben, um zwei bis drei Spiele zu gewinnen, während diese bulgarischen Jungs auf der Bank sitzen? Nein, sie müssen spielen und Erfahrungen sammeln - um dann auch der Nationalmannschaft zu helfen."