Für die deutsche Männer-Nationalmannschaft steht das absolute Saisonhighlight an: Die Olympischen Spiele. 13 Spieler kämpfen in Paris um Edelmetall für Deutschland. Wir stellen jeden einzelnen in unserer Serie "Unsere Olympioniken" vor, zeigen ihren Weg nach Paris und blicken hinter die Volleyballer-Fassade. Den Auftakt macht Kapitän Lukas Kampa .
Wann Lukas Kampa zum ersten Mal einen Volleyball in den Händen hatte, weiß er selbst nicht so genau. "Es wurde mir in die Wiege gelegt, Volleyball ist bei uns ja Familiensport", sagt der 37-Jährige. Mit zehn Jahren wurde er jedenfalls von einem Trainer des VC Telstar Bochum angesprochen - der Beginn einer einzigartigen Karriere. Auch wenn er selbst das damals noch gar nicht im Kopf hatte. "Ich habe davon geträumt, Fußballer zu werden", gesteht Kampa. Erst als es mit 15 aufs Internat in Frankfurt ging, änderten sich die Ambitionen: "Unser Trainer Stewart Bernard hat gesagt, ab jetzt wird für Olympia trainiert, da bekommt man große Augen. Rückblickend war das der Start für das, was ich jetzt bereits zum zweiten Mal erleben darf."
Das Zuspieltalent schaffte schnell den Sprung in die Bundesliga und lief 2008 erstmals für Deutschland auf. Nach zwei Meistertiteln mit Friedrichshafen und einem Jahr in Bottrop zog es Lukas Kampa ins Ausland nach Piacenza. Es folgten Stationen in Russland, der Ukraine und nochmals in Italien, ehe er seine zweite Heimat in Polen fand. 2014 schlug er erstmals für Cerrad Czarni Radom auf, zwei Jahre später wechselte er zu Jastrzebski Wegiel, wo er insgesamt fünf Jahre spielte. Seit 2021 verteilt er für Trefl Gdanks die Bälle und wird das auch in der kommenden Saison tun. "Ich lebe mit meiner Familie seit drei Jahren in Danzig, das ist unser Zuhause, unser Leben, ich genieße es sehr", sagt Kampa. Was er an den Polen schätzt? "Dieses Unkomplizierte, dieses nicht so prinzipientreue und die Hilfsbereitschaft, das haben wir sehr liebgewonnen."
Seine Familie kommt für Lukas Kampa immer an erster Stelle: "Ich verbringe so viel Zeit wie möglich mit den Kindern und zum Glück macht meine Familie das alles so mit, wie ich mir das erträume." Aktuell lebt er seinen größten sportlichen Traum: Noch einmal bei Olympia dabei sein. Bereits 2012 in London, als die DVV-Männer fünfter wurden, zog Kampa in der Nationalmannschaft die Strippen. Neben den einzigartigen olympischen Erlebnissen und diesem "speziellen Gefühl" ist ihm besonders die Viertelfinal-Niederlage gegen Bulgarien in Erinnerung geblieben. "Das haben wir fast kampflos abgegeben", erinnert sich der Bochumer.
Und es folgten weitere bittere Pleiten. Sowohl 2016 als auch 2020 verpassten die deutschen Männer die Olympia-Qualifikation haarscharf. "Das war sehr bitter und dann ist immer die Frage, wann kommt die nächste Chance, wird es überhaupt noch eine geben", berichtet der Zuspieler. Dabei helfe es auch nicht, dass er sich den Olympia-Traum bereits einmal erfüllt hatte: "Man will es immer wieder." Trotz der schwierigen und von so vielen Faktoren abhängigen Qualifikation "war der Glaube aber wirklich immer da".
Vor allem mit seinem besten Kumpel Georg Grozer an seiner Seite. "Ich weiß nicht, wie oft wir zueinander gesagt haben, einmal kriegen wir das noch hin", erzählt Kampa. Das habe sie auch durch "viele dunklere Momente" gebracht. Die beiden Routiniers im Team haben auf und neben dem Feld eine enge Verbindung. Georg Grozer bekommt "Gänsehaut", wenn er daran denkt, wie lange sie sich kennen und was für Wege sie gemeinsam gegangen sind. "Er hatte es nie einfach mit mir, aber uns verbindet etwas, das ist etwas Besonderes", sagt Grozer, der bei Kampa diesen Willen und Ehrgeiz in den Augen gesehen hat, den er auch selbst verspürt. "Wir haben gemeinsam geweint und gemeinsam große Erfolge gefeiert", erzählt der 39-Jährige. So jubelten sie 2014 über WM-Bronze - die erste Medaille für Deutschland bei einer Weltmeisterschaft - und 2017 über EM-Silber.
Und nun haben sie es tatsächlich noch einmal gemeinsam zu Olympia geschafft. "Wir wollten der Welt nochmal zeigen, dass alles möglich ist", sagt Kampa, der sich selbst als "sehr ehrgeizig und diszipliniert" beschreibt. Dabei war er beim Qualifikationsturnier größtenteils zum Zuschauen verdammt, nachdem er sich im zweiten. Spiel an der Wade verletzt hatte. "Da muss ich mich bei den Jungs bedanken, dass sie mir diesen Wunsch erfüllt haben", sagt er. Seine Ambitionen sind auch mit 37 Jahren noch hoch: "Sportlich gehöre ich hier hin, ich kann der Mannschaft immer noch helfen."
Er selbst hat auch den Anspruch, als Stammzuspieler ins Olympia-Turnier zu gehen. "Das wird aber sicher nicht einfach, bei dem Druck, den Johannes Tille macht", weiß Kampa, der als Kapitän immer vorweg geht und die Verantwortung übernimmt. Er betont aber auch: "Georg ist der emotionale Leader, ich bin eher etwas ruhiger und sachlicher - wir bilden ein super Tandem und bringen durch unser Alter vielleicht auch etwas Ruhe und Gelassenheit mit, was hoffentlich positiv auf die Mannschaft abstrahlt."
Sein Ziel für seine letzten Olympischen Ziele ist klar: "Eine Medaille gewinnen." Natürlich sei das ambitioniert, aber "wie oft haben wir schon gesagt, die Qualifikation ist schwieriger als das Turnier." Und der Glaube an seine Mannschaft ist groß: "Wir haben die Möglichkeiten, das zu erreichen."
Für Kampa schließt sich in Paris auch ein Kreis, nach den Olympischen Spielen wird er seine Karriere in der Nationalmannschaft beenden. "Es ist das Schönste, was ich mir wünschen und vorstellen konnte, es macht die Sache rund, daher bin ich sehr stolz, in Paris dabei zu sein."